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Historische KaDeWe Werbung

Weihnachten im Wirtschaftswunder im Spiegel von KaDeWe-Prospekten

Erstabdruck in der Sammlerzeitschrift "Trödler", Heft 12/2007, ©Text / Fotos: Jörg Bohn / VG Wort Wissenschaft

Mitte der Fünfziger Jahre wird der wirtschaftliche Aufschwung für immer mehr Bundesbürger auch auf ihren Lohnabrechnungen spürbar und insbesondere das Weihnachtsfest dient vielen als Anlass für Anschaffungen, die über den normalen Alltagsbedarf hinausgehen. Alte Warenhausprospekte präsentieren in einer bunten Mischung verschiedenster Konsumgüter die gesamte Palette damaliger Begehrlichkeiten und gewähren derart einen nostalgischen Rückblick auf die Gabentische der Wirtschaftswunderzeit.

Wer glaubt, dass der alljährliche weihnachtliche Konsumrausch unserer Tage eine Entwicklung neueren Datums darstellt, wird durch einen Blick in Zeitschriften der fortgeschrittenen 1950er Jahre rasch eines Besseren belehrt. Mag Weihnachten in den unmittelbaren Nachkriegsjahren – möglicherweise auch nur deshalb, weil es noch kaum etwas zu kaufen gab – vielleicht wirklich ein reines „Fest der Liebe und Besinnung“ gewesen sein, stößt der interessierte Beobachter Mitte des Jahrzehnts jedoch in den November- und Dezemberausgaben der meisten Illustrierten bereits auf etliche Seiten mit Geschenkvorschlägen aller Art und jeder Preisklasse, zugleich haben nicht wenige Berichte die hohe Kunst des „richtigen Schenkens“ zum Thema. So verwundert es nicht, dass auch etliche Warenhäuser den mittlerweile in der Mehrzahl ebenso kaufkräftigen wie -willigen Deutschen eine Auswahl ihrer Sortimente in Form eigens zum Weihnachtsfest zusammengestellter und in der Regel per Postwurfsendung an die Haushalte verteilter Prospekte zukommen lassen. Durch außerordentlich schön und aufwändig gestaltete Werbeträger besonders hervor hebt sich in dieser Beziehung das bereits 1907 gegründete Berliner Kaufhaus des Westens, welches nach Beseitigung der Kriegsschäden am 3. Juli 1950 unter der Anteilnahme von 180000 Besuchern seine hinsichtlich des deutschen Wiederaufbaus symbolträchtige Neueröffnung feiern kann

 

                   
"Herzlich Willkommen im aufbauenden Berlin...und→   Auf Wiedersehen im neuerstandenen KaDeWe, Tauentzienstr. - Wittenbergplatz", Faltblatt (wohl 1950)

 

und in der Folge dem in der Vergangenheit erlangten Ruf eines „Konsumtempels“ abermals vollends gerecht wird. Nicht uninteressant ist in diesem Zusammenhang, dass es sich genau genommen beim „KaDeWe“ nach der von der preußischen Gesetzgebung vorgegebenen Definition gar nicht um ein Kauf-, sondern vielmehr um ein Warenhaus handelt. Denn während letztgenannter Begriff ein Geschäft bezeichnet, das Waren aus einer oder mehrerer der vier Gruppen Nahrungs- und Genussmittel, Bekleidung, Hausrat inklusive Möbel und Wohntextilien sowie „Kleinhartwaren“ wie beispielsweise Schmuck und Lederwaren feilbietet, offeriert ein Kaufhaus lediglich ein spezialisiertes Angebot aus einer einzigen dieser Sparten. Da nun aber in Berlin zu Anfang des 20.Jahrhunderts in den bereits existierenden Warenhäusern vorwiegend die Kaufbedürfnisse „der breiten Masse“ befriedigt wurden, KaDeWe Gründer Adolf Jandorf aber über diesen Kundenkreis hinaus mit seinem Sortiment gezielt auch die „feine Gesellschaft“ anzusprechen gedachte, wählte er bewusst die durch diverse damalige mondäne Berliner Modekaufhäuser mit einer gewissen Exklusivität behaftete Bezeichnung „Kaufhaus“.

 

                   
"Wie Ihr seht hinter jedem Weihnachtsmann steht KaDeWe am Tauentzien" (1954)   "In Berlin Kam Der Weihnachtsmann seit eh und je aus dem KaDeWe" (1955)

 

Doch zurück in die Adenauer-Ära: 1955 erklimmt die bundesrepublikanische Wirtschaft mit einem realen Zuwachs von 10,5 Prozent ihren Höhepunkt, der bis dahin nur vereinzelt wahrzunehmende Ausdruck „Wirtschaftswunder“ avanciert zum geflügelten Wort. Und wer sich etwas eingehender die Deckblätter der entsprechenden KaDeWe Prospekte dieser Zeit betrachtet, könnte mit etwas Phantasie durchaus den Eindruck gewinnen, dass damit auch das Ende aller Besinnlichkeit erreicht ist. Zufall oder nicht, zeichnet der Titel des Exemplars aus dem Jahr 1954 noch ein friedlich-beschaulich in sich ruhendes Bild adretter Kindern, denen man ihre Bravheit schon an der Nasenspitze anzusehen glaubt und die ihre zumindest von der Größe her bescheidenen Geschenke im vertrauten Zwiegespräch von einem väterlich-gütigen Weihnachtsmann überreicht bekommen. Ganz anders hingegen kommt sein Titelbild-Pendant dann 1955 daher: rutenschwingend prescht dieser ausgesprochen dynamisch mit einem vor Geschenken schier überbordenden Schlitten durch das vorherrschende Schneegestöber himmelabwärts und selbst die das Gefährt ziehenden, vor Energie strotzenden Rentiere strahlen eine wilde Entschlossenheit aus.

Im Inneren sind ebenfalls deutliche Unterschiede zu erkennen: Bestehen die Abbildungen des 20seitigen älteren Kataloges noch durchgehend aus schwarz-weißen Zeichnungen und Fotos, wartet sein Nachfolger mit 4 zusätzlichen Seiten sowie einem größeren Format auf, darüber hinaus können immerhin die Hälfte der gezeigten Artikel bereits in Farbe bestaunt werden.

 

            

KaDeWe 1955

 

KaDeWe 1955

Das 1954er Warenangebot präsentiert sich recht konventionell und von den typischen Formen, Mustern und Farben, die die 50er Jahre für heutige Sammler so interessant erscheinen lassen, ist noch rein gar nichts zu entdecken. Die Produktpalette erstreckt sich von Sammelgeschirr „Stolzenfels“ und Trinkglasgarnitur „Rhein“ über Armbanduhren und Zigarettenetuis („Alpaka, doppelseitig preßgraviert“) bis hin zu Haushaltsgeräten, letztere wie zum Beispiel Kaffeemühle, Mandelreibemaschine oder „Brotmaschine mit Sägemesser“ entgegen den heutzutage andere Assoziationen weckenden Artikelbezeichnungen allesamt mit Handantrieb. Auch Tretmülleimer, Geschirrtücher („prima Halbleinen, rot kariert“), einen „modischen Knopfkittel mit apartem, geblümten Muster“, ein „Servierkleid aus kunstseidenem Atlas“ oder gar einen Bohnerbesen hält man offensichtlich für geeignet, der Hausfrau eine weihnachtliche Freude zu bereiten und dem KaDeWe – eigenen hochgesteckten Anspruch „Jedes einzelne der hier gezeigten Geschenke strahlt funkelnden Weihnachtszauber aus“ gerecht zu werden. Und wirklich: Will man einer damaligen Werbung für ein Reinigungsmittel Glauben schenken, ist „Mutti“ nach vollbrachtem Hausputz „glänzender Laune. Sie weiß, die Wohnung hält den strengsten Blicken von Omas, Tanten und Freunden stand: Sauberkeit bis in den letzten Winkel. Was für ein Glück…“. Als ausgesprochen ergiebig für den Nostalgiker entpuppt sich darüber hinaus eine Seite mit Wintersportbedarf. Neben den zu jener Zeit weit verbreiteten, an normalen Straßenschuhen zu befestigenden Schlittschuhkufen stößt er auf Skier, bei denen durch eine ausgesprochen abenteuerlich anmutende „Kabelzugbindung“ der Beinbruch im Kaufpreis mit inbegriffen schien, zur Unterstützung waren zudem Skistöcke aus Bambusrohr im Angebot. Ebenfalls vorhanden sind drei Seiten mit Spielzeug, das in den Jahren darauf leider aus dem Hauptprospekt weichen muss. Im Angesicht der im Vergleich zu den heutzutage von Liebhabern gezahlten Summen nahezu lächerlich niedrigen Preise für Produkte der Firmen Steiff, Schildkröt, Siku und Co. dürfte sich sicherlich die Pulsfrequenz so manches Sammlers beim Durchblättern der entsprechenden Seiten erheblich erhöhen. Einzig das ferngesteuerte Elektro-Ingenico-Auto von Schuco war damals mit DM 34,50 schon vergleichsweise teuer, übertroffen nur noch von einem Korb-Puppenwagen mit „verchromten Kotflügeln“ sowie einem der in den 1950ern heiß begehrten Roller mit weißen Ballonreifen und ebenfalls verchromten Schutzblechen.

 

"Großes Augenmachen - durch KaDeWe-Spielsachen", Spielzeugprospekt (1954)

 

Handelt es sich 1954 beim teuersten vorgestellten Artikel um eine „Orient-Brücke“ zum Preis von 188 DM, belegt diesen Spitzenplatz im Jahr darauf das 22teilige Rosenthal-Eßservice „Else“ mit „Poliergoldrand“ für 187 DM. Diese für das heutige Empfinden recht bescheiden klingenden Summen relativieren sich allerdings ein wenig bei einem Blick auf die Durchschnittseinkommen des Jahres 1955. So liegt der Verdienst des Hauptverdieners in 26 Prozent der Haushalte zwischen 100 und 249 DM, in 40 Prozent zwischen 250 und 399 DM und die 400 DM Grenze wird von 30 Prozent der Haushalte überschritten, vermeldet das „Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1947-1955“. Erstmalig taucht auch ein Nierentisch („Schemelfußtisch“) in einem KaDeWe – Katalog auf, befindet sich jedoch, abgesehen von einem „neuzeitlichen Polstersessel mit modernem Möbelstoff-Bezug“, in einem eher rustikalen Umfeld. Dies entspricht ebenfalls den in einer weiteren Meinungsforschung ermittelten Verhältnissen. Auf die Frage „Angenommen, Sie würden sich ein Zimmer neu einrichten und wollten dazu…einen Tisch kaufen“, entschieden sich lediglich 8 Prozent für die moderne Variante. In anderen Bereichen ist man Neuem gegenüber jedoch offensichtlich weniger verschlossen, so ist im Bereich der Kleidung beispielsweise der Siegeszug der Kunstfaser Perlon zu registrieren. Mittlerweile in genügend großen Mengen herstellbar, löst die in Deutschland entwickelte Alternative zum amerikanischen Nylon die bis dahin zum Einsatz kommende Kunstseide ab. Aber nicht nur bei der Herstellung von Damenstrümpfen findet das eine höhere Transparenz und einem verbesserten Sitz aufweisende Material Verwendung, sondern zugleich bei Blusen, Nachthemden und den damals noch zur Standartgarderobe gehörenden Unterkleidern. Vortrefflich zum Thema passt ein in jenen Tagen kursierender Werbeslogan im typischen 50er Jahre Reim-Rhythmus: „Denn das sagt auch der Weihnachtsmann: Aufs Perlon-Zeichen kommt es an“.

Ebenfalls den technischen Fortschritt symbolisieren neuartige Klarsichtverpackungen aus dünnem transparentem Kunststoff. Heutzutage sicherlich in den meisten Fällen gar nicht mehr bewusst wahrgenommen, ist ihr Vorhandensein Mitte der 1950er durchaus etwas Besonderes und somit sogar Bestandteil der Artikelbeschreibung („Rasierpinsel, rein Dachshaar in Zellophankarton“). Altmodisch hingegen muten zwei mittlerweile kaum noch gebräuchliche Wortrelikte an, die auf der „Wäscheseite“ zu lesen sind, wo ein „Paradekissen in Aussteuerqualität“ versucht, Kaufimpulse bei Junggesellinnen und deren Angehörigen auszulösen.

Während Gegenstände in den Prospekten dieser Zeit in der Regel in fotografierter Form zu bewundern sind, werden alle Personen und damit sämtliche Kleidungstücke von einem Zeichner in Szene gesetzt. Auffällig dabei ist, dass die weitaus meisten der sonnengebräunten männlichen Idealtypen Raucher sind und folglich entweder eine Zigarette oder eine Pfeife in der Hand halten, die weder beim Wintersport noch beim Stadtspaziergang und schon gar nicht beim abendlichen Entspannen in der Hausjacke („besonders elegante Ausführung“) fehlen darf.

 

                   
KaDeWe - "Gern gesehene Gaben" (1956)
 

KaDeWe (1956)

 

 Frauen hingegen werden in der Regel mit „typisch weiblichen“ Accessoires wie Nagelfeilen oder Handspiegeln dargestellt, bisweilen mit Getränken, häufig Kaffeetassen, gerne aber auch mit Gläsern, die farbige Flüssigkeiten beinhalten. Der Phantasie des Betrachters bleibt es überlassen, ob es sich dabei um Fruchtsaft oder vielmehr einen Likör handelt, wie beispielsweise eine zeitgenössische Werbung entsprechender Spirituose empfiehlt: „Also, bevor ihr Gatte nach Hause kommt, schnell ein Gläschen Z… - dann wird der Abend noch mal so schön!“ Zuviel des Guten dürften sich die gezeichneten Phantasiemodelle aber nicht erlauben, da sie dann ihre extrem betonten Wespentaillen verlieren würden und bei der Kleiderbestellung sicherlich alsbald auf eine „Frauengröße“ zurückgreifen müssten. Ansonsten ist zu bemerken, dass einige bereits im Vorgängerkatalog in identischer Form angebotene Waren nun unter neuen Namen firmieren. Aus der Akten- wurde eine Diplomatenmappe und auch ein normaler Koffer wird offenbar nicht mehr den gestiegenen Ansprüchen gerecht. Als „Luftkoffer“ dokumentiert er zudem, dass mittlerweile auch in Deutschland das Düsenzeitalter angebrochen ist.

1956 sind bereits auf der ersten Katalog-Innenseite Elektro-Haushaltsgeräte platziert, die sich zu dieser Zeit allgemein stark steigender Nachfrage erfreuen. Kein Wunder: Denn obwohl die Bundesrepublik auf dem Wege zu einer der größten Industrienationen der Welt ist, geht es in den eigenen vier Wänden bei vielen immer noch in mancherlei Hinsicht geradezu rückständig zu. So ist zwar in immerhin 88 Prozent aller Haushalte bereits ein elektrisches Bügeleisen vorhanden, auf einen elektrischen Staubsauger können hingegen lediglich 39 Prozent zurückgreifen und einen Elektro-Kühlschrank besitzen gar nur 10 Prozent. Mit welchen Argumenten Männer dazu bewegt werden sollen, ihren Ehefrauen entsprechende Küchenmaschinen unter den Weihnachtsbaum zu legen, verrät eine im Dezember des Jahres in Der Stern platzierte und in einem für die 1950er charakteristischem Sprachklang formulierte Werbung eines Herstellers entsprechender Geräte: „Ruhe! Geheimsitzung! Im Nebenzimmer vom „Goldenen Hirsch“ sitzen sie, die Herren der Schöpfung. Ihr Thema: Was schenken wir eigentlich unseren Frauen zu Weihnachten? – „Praktisch soll es sein“, meint der eine. „Schön soll es sein“, flötet der Ästhet. „Preiswert muss es sein, “fordert der Rechner.“ Die Lösung: „Verbinden Sie das Schöne mit dem Praktischen. Wählen Sie als Festgeschenk ein Electrostar - Hausgerät, das ihre Frauen endlich von den schweren Lasten und Mühen des hausfraulichen Alltags befreit!“ Wenn da bei der Gattin keine Freude aufkommt! Also orientiert sich der KaDeWe Prospekt an den vorhandenen Bedürfnissen und offeriert unter anderem einen schicken „Brotröster, verchromt, mit Ausschalter“, den Staubsauger „Olympia“ und als Höhepunkt einen „geräuscharmen Kompressor-Kühlschrank“ mit 110 Liter fassendem Innenraum zum stolzen Preis von 450 DM. Und weil eine solche Summe höher ist als ein komplettes durchschnittliches Arbeitnehmer-Monatsgehalt, liegt auch gleich ein Informationsblatt mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Ratenzahlung bei: „Lang gehegte Wünsche können Sie durch unser Kreditbüro in Erfüllung gehen lassen…Was sie sich nur denken können, ist in Hülle und Fülle aufgetischt.“ Solche Aussagen sind natürlich Wasser auf die Mühlen kritischer Stimmen, die Warenhäuser grundsätzlich verdammen, „weil sie zum Kauf von Dingen verleiten, die man gar nicht braucht“ und für die die Option einer Teilzahlung eine zusätzliche Verführung bedeutet. Nichtsdestotrotz lassen sich die Deutschen ihre Kauflaune nicht vermiesen, wie das vermehrte Auftauchen von Luxus-Zierrat in Gestalt einer „reizenden Hummelfigur“, der Keramik-Tierfigur „steigendes Roß“ oder einer Rosenthal Zierfigur „Dackel“, letztere zum Preis von immerhin 26 DM, belegt. Zudem mehrt sich allmählich die Zahl der Artikel, die heute für viele das Fünfziger-Jahre-Flair überhaupt erst ausmachen. So ist neben einem Blumenständer aus Bambus („Manau-Rohr-Blumenschlange“) unter anderem noch ein aus Messingdraht geformter Salzlettenständer zu entdecken, hinzu kommt ein „Moderner Wandbehang“, der eine Seeszene inklusive Rohrkolben zum Motiv hat. Auf einer Seite mit Nachthemden hingegen sticht ein auch nach über einem halben Jahrhundert noch durchaus als sexy zu bezeichnendes Babydoll aus durchscheinendem Perlon ins Auge, das sicherlich die Phantasie so manchen zeitgenössischen männlichen Betrachtes beflügelt haben dürfte und von der Beschreibung als „Jugendlicher Schlafanzug mit Slip“ vorgestellt wird. Nicht fehlen darf natürlich ebenso wenig ein „Petticoat, Perlon gestreift, der unentbehrliche Halbrock für das beschwingte Kleid.“

 

            

"KaDeWe Geschenke vergolden das Fest" (1957)

 

"KaDeWe Geschenke vergolden das Fest"

            

"KaDeWe Geschenke vergolden das Fest"

 

"KaDeWe Geschenke vergolden das Fest"

 

"KaDeWe Geschenke vergolden das Fest"

 

"KaDeWe Geschenke vergolden das Fest"

 

In neue Preisdimensionen, insbesondere in Bereich der Damenbekleidung, stößt der Katalog aus dem Jahr 1957 hervor. Nunmehr komplett in Farbe und überwiegend mit Fotos illustriert, beginnt die Palette der Luxusartikel bei einer Silberfuchsstola für 139 DM, geht über einen „Persianerklauenmantel“ „für besonders verwöhnte Ansprüche“ inklusive Ärmelverzierung aus echtem Nerz für 540 DM und endet schließlich bei einem „edlen Persianer“ zum Preis von 890 DM. Die „Männerseite“ hingegen birgt Hinweise, dass sich immer mehr Menschen mittlerweile ein eigenes Automobil leisten können, ist dort nämlich neben einer „molligen Hausjacke, wie sie sich jeder Herr wünscht“ auch ein als „Autocoat“ angepriesener Mantel zu finden. Worin die besondere Eignung dieses „vollendeten Kleidungsstücks“ im Bezug auf das Autofahren besteht, verrät die Artikelbeschreibung allerdings nicht. Unverzichtbares Bestandteil der Herrenkleidung dieser Jahre ist auch die richtige Kopfbedeckung. „Übrigens…man trägt wieder Hut!“ und „Mit Hut sind Sie mehr“ lauten zwei der bekanntesten, von den Hutherstellern seinerzeit in groß angelegten Kampagnen in den Printmedien platzierten Werbesprüche.

Insgesamt erscheinen die dargebotenen Artikel im Vergleich zum Vorjahr jedoch eher wieder konservativer. Zwar finden sich einige nette Kleinigkeiten wie ein Set mit farbigen, in einem Gestell mit Bambusgriff untergebrachten Kognakschwenkern oder ein Obstmesserständer aus Bambus, auf den nach den Entwicklungen der Vorjahre eigentlich zu erwartenden endgültigen Einzug der fortschrittlichen Fünfziger wartet der Designfreund jedoch vergebens.

Dies ändert sich allerdings schlagartig mit dem Erscheinen des Weihnachtsprospekts 1958:

 

KaDeWe - "Doppelt zählt was mit Liebe gewählt" (1958)

 

mutet das Titelbild noch ungewohnt amerikanisch an, offenbart der Innenteil dagegen eine Fundgrube deutscher Wirtschaftswunderherrlichkeit modernen Stils. Zwischen keinen zwei weiteren unmittelbar aufeinander folgenden Prospekten sind solch große Veränderungen im Warensortiment auszumachen wie bei den Vertretern aus den Jahren 1957 und 58. Von der Tütenlampe („Schlauchstandlampe“) und dem Rauchverzehrer in Eulengestalt über einen fahrbaren Barwagen bis hin zum Bowle-Set aus eingefärbtem Rauchglas ist auf nunmehr 18 Seiten das komplette Spektrum dessen zu entdecken, was das Herz des an den 50-er Jahren Interessierten begehrt. Selbst ein blass-brombeerfarbener Teppichkehrer und der hellblau-gelbe „Schuhboy“, ein Aufbewahrungsbehälter für Schuhputzutensilien, präsentieren sich in den für diese Zeit im Nachhinein als so typisch empfundenen Pastellfarben.

 

         
     
 
         
     

 

Erstmals in die ausgesuchte weihnachtliche Auswahl aufgenommen wurden Rundfunk- und TV - Geräte. Obwohl die Zahl der bundesdeutschen Fernsehteilnehmer im Jahr zuvor die Millionengrenze überschritten hat und Fernsehempfänger in stetig größeren Stückzahlen produziert werden, gehören sie preislich immer noch zu den absoluten Hochpreisobjekten. So muss, wer Robert Lembkes Ratequiz „Was bin ich?“ oder einen von Peter Frankenfeld moderierten „Bunten Abend“ im heimischen „Pantoffelkino“ genießen möchte, beispielsweise für den Grundig Zauberspiegel mit „53er Bild“ 998 DM einkalkulieren, was dem Zweifachen eines mittlerweile auf ca. 500 DM gestiegenen monatlichen Arbeitnehmer-Durchschnittseinkommens entspricht. Wesentlich günstiger hingegen gestaltet sich der Einstieg für den zukünftigen Radiohörer. So beginnt die Preisskala bei 49,90 DM für den kaum handflächengroßen „Bambino Klein-Transistor“ mit Batteriebetrieb und endet erst beim repräsentativen Röhrenempfänger „Saba Freiburg Automatic“ mit Holzgehäuse und vier Lautsprechern zum Preis von 764 DM inklusive „Fernsteuerung“. Dagegen geradezu ein Schnäppchen, selbst wenn man die damals zum Erwerb fällige Summe von 109 DM auf ihre aktuelle Kaufkraft hochrechnen würde, wäre auch heute noch ein tragbares Transistorradio, das sich durch seine klar strukturierte schnörkellose Optik auf den ersten Blick von sämtlichen Mitkonkurrenten abhebt: beim „Braun-Exporter 2“ mit seinem von der Ulmer Hochschule für Gestaltung entworfenen Gehäuse handelt es sich mittlerweile um ein begehrtes und entsprechend teuer zu bezahlendes Designobjekt. Abgerundet wird das Angebot durch eine Auswahl von Musiktruhen, eine der größten zeitgenössischen Begehrlichkeiten schlechthin und im vorliegenden Fall inklusive eingebautem Radio, 3 Lautsprechern sowie „4tourigem 10-Plattenwechsler, Stereo vorbereitet“ bereits für vergleichsweise moderate 478 DM zu erstehen. Neu ist ebenfalls eine „Musikseite“ mit Instrumenten wie Akkordeon, Mundharmonika und Blockflöte samt Hinweis auf die „Schallplattenbar“ des Kaufhauses, die „moderne Tanz- und Unterhaltungsmusik international anerkannter Künstler zur Verfügung hält.“ Im Katalog selbst findet man unter anderem Schallplatten mit Sprachkursen, sicherlich ein Beleg dafür, dass die Reisen der Westdeutschen mittlerweile auch schon fernere Gefilde zum Ziel haben.

Der teuerste Artikel des Heftes ist wiederum im Reich der Damenmode angesiedelt: für das Persianer Spitzenmodell müssen inzwischen 1390 DM hingeblättert werden und an Stelle der vorjährigen Silberfuchs- ist nun eine Nerzstola im Hollywoodfilm-Format für 750 DM zu erspähen. Laut KaDeWe-Text ist dies allemal noch günstig, handelt es sich schließlich um „Große Geschenke, die dennoch preislich im Verhältnis zur Qualität und Exklusivität der Modelle besonders bescheiden sind.“ Immer häufiger wird jedoch allerorten Kritik an der in einen regelrechten Schenkzwang ausartenden Kommerzialisierung des „Fests der Liebe“ spürbar, so auch innerhalb einer köstlichen, in der Weihnachtsausgabe der Modezeitschrift „Madame“ zu lesenden Satire: „Alles ruft hellen Jubel hervor, wenn wir den Anpreisungen in den blinkenden Schaufenstern glauben dürfen. Hier wird uns zugerufen: „Schenken Sie Ihrer Herzallerliebsten eine der überaus praktischen Kreissägen. Sie wir Ihnen feuchten Auges dafür danken.“ So ähnlich heißt es doch wohl…? Oder es könnte auch lauten: „Wollen Sie etwa Ihrer Frau das ganze Weihnachtsfest verderben und Ihr durch Nichtüberreichung unseres neuen Orangenentkerners „Orang-Utan“ die Lust und Liebe in ihrem Beruf als Gattin, Hausfrau und Mutter verekeln? Nein, wir wissen es, der Lichterglanz wird sich auch bei Ihnen in unserem tadellos verchromten „Orang-Utan“ widerspiegeln.“ Im weiteren Verlauf des Artikels präsentiert Verfasser Walter Foitzick noch andere Vorschläge dieser Art, denn in ihm regt sich „der Verkaufsdirektor, der Werbefachmann, der Weihnachtsengel, der Hilfsengel der Ehemänner, Brüder und Freunde, die sich das Gehirn zermartern. Sie alle haben den Ruf vernommen, dass Schenken die größte Freude bereitet, dass Geben seliger denn Nehmen sei.“ Als geradezu paradox ist wohl der Umstand zu bezeichnen, dass diese Betrachtungen ausgerechnet in einem Hochglanzmagazin abgedruckt sind, welches in seinem eigenen Dezemberheft schier überquillt vor Werbung für Luxuswaren aller Art. Interessantes Detail am Rande: während heutzutage allenthalben beklagt wird, dass der Weihnachtsrummel von Jahr zu Jahr früher beginnt, belegen sowohl die KaDeWe – Überschrift „Schon jetzt an Weihnachten denken“ als auch ein zeitgenössischer, bereits Ende Oktober datierter handschriftlicher Vermerk über den Eingang eines Karstadt-Prospekt, dass schon in den 50ern die Festvorbereitungen offenbar nicht erst in der Adventszeit begannen.

Wie auch immer man zur Schenkerei stehen mochte oder mag, gehört der 1958er KaDeWe Weihnachtskatalog aber zweifellos zum Sammelnswertesten, was auf diesem Gebiet zu finden ist und wird auch durch seine durchaus sehenswerten Nachfolger im Bezug auf ansprechende Präsentation und hohe zeitbezogene Aussagekraft des Warenangebots nicht mehr übertroffen, obwohl noch einige weitere, durchaus interessante Entwicklungen aufgezeigt werden. So ist beispielsweise im Jahr 1959 der Einzug der Do-it- yourself Bewegung zu beobachten, für die das KaDeWe auf einer eigens dafür zusammengestellten Seite „Hobby-Werkzeuge und Material für Bastler“ anbietet. Neben Farben, Leim und Bambusrohren in verschiedenen Stärken findet der Heimwerker auch komplett ausgestattete Werkzeugschränke inklusive Drehbank und Dekupiersäge, die mittels eines „Handmotor“ (!) mit Bohrfutter angetrieben werden. Im Jahr darauf ist sogar ein „Mehrzweck-Regal“ zum „Selbstzusammenbasteln, komplett im Karton“ zu entdecken, scheint aber bei der KaDeWe-Klientel auf wenig Gegenliebe zu stoßen, da es in den folgenden Jahren, wie der gesamte Bastelbedarf überhaupt, nicht wieder in den Prospekten auftaucht.

 

       
KaDeWe - "Was schenk ich wem" (1959)   KaDeWe - "Was schenke ich wem?" (1960)   KaDeWe - "Weihnachten Freude bereiten" (1961)

 

                             
    KaDeWe - "Schon jetzt an Weihnachten denken" (1962)    

 

 Nach dem „Mauerbau“ im August 1961 und der daraus resultierenden Insellage Berlins wird dem Kaufhaus des Westens einmal mehr besonderer Symbolcharakter zuteil. Mit politischer Unterstützung und großem finanziellem Aufwand wie Steuervergünstigungen und Finanzhilfen für ansiedelnde Unternehmen erlangt Berlin als „Schaufenster des Westens“ einen Ruf, dem in der Folge insbesondere das KaDeWe im wahrsten Sinne des Wortes gerecht zu werden vermag.

Aber natürlich versuchte nicht nur das Berliner Kaufhaus, durch diese Art der gezielten Werbung ein möglichst großes Stück des „Weihnachtkuchens“ für sich abzuschneiden, auch Postwurfsendungen von regionalen Warenhäusern oder Ketten wie Hertie und Karstadt fanden den Weg in die Briefkästen, wobei die Prospekte des letztgenannten Hauses durch (unfreiwillig) schräge Reime nicht nur Seh-, sondern auch großes Lesevergnügen bereiten. „Bald kommt wieder wie so oft, Weihnachten, und jeder hofft, seine Wünsche bald zu sehen, prächtig in Erfüllung gehen,“ heißt es beispielsweise in schönster Heinz-Erhard-Manier oder an anderer Stelle „Um den Weg Euch zu bereiten, als ein Freund, der niemals trog, soll Euch dieses Heft begleiten, unser Weihnachtskatalog.“ Die Innenseiten der Karstadt-Prospekte wissen bis über die Mitte der 50er hinaus ebenfalls zu gefallen, leider versucht man jedoch im Laufe der Zeit, auf dem selben Platz immer mehr verschiedene Warenfotos unterzubringen, sodass die einzelnen Artikel entsprechend klein dargestellt und mangels ansprechender graphischer Hintergrundgestaltung bei weitem nicht so ansehnlich in Szene gesetzt werden, wie bei der Konkurrenz vom KaDeWe. Nichtsdestotrotz gibt es hier desgleichen jede Menge zeittypischer Gebrauchs- und Ziergegenstände zu entdecken wie beispielsweise einen speziellen „Klubsessel-Ascher“, „reizvolle Wandvasen“ oder die Bettumrandung „Bochum, in praktischer Gebrauchsqualität aus reinem Haargarn“.

Ganz im Gegensatz zur ihrer damaligen nahezu flächendeckenden Verteilung sind alte Weihnachtsprospekte heute nur noch ausgesprochen selten zu entdecken. Fündig wird der Interessierte eher noch auf Trödelmärkten denn im Internet und wer sich nicht scheut, unübersichtliche „Wühlkisten“ zu durchstöbern, kann dort mit etwas Glück durchaus noch das eine oder andere Exemplar für kleines Geld ausfindig machen. Sehr gesucht und daher entsprechend teuer zu bezahlen sind hingegen spezielle Spielzeug-Angebote, die kaum unter 25 Euro zu haben sind und bei besonders schönen Exemplaren auch schon mal in weitaus höhere Preisregionen emporsteigen. Mag sein, dass alte Spielzeug-Kataloge deshalb so selten in den Handel kommen, weil sie, wie in mehreren bekannten Fällen, über Jahrzehnte aufbewahrt wurden und ihre mittlerweile mitten im Leben stehenden Besitzer das Vorhandensein dieser Relikte gerne nutzen, in stillen Stunden immer mal wieder in die längst vergangene „Wunschzettelzeit“ der eigenen Kindheit abzutauchen.

 

KaDeWe - Große Freude für die Kleinen!" - Spielzeugprospekt (wohl 1962)

 

 

            
Spannende KaDeWe Angebote zu Ihrer Entspannung, Prospekt (schätzungsweise um 1955)   KaDeWe "Frühlings-Einzug" (1955)

 


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