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Kinderfernsehen in den 50er und 60er Jahren


 

"Fury", Brettspiel

 

Im Gegensatz zu Corky ist „Fury, die Abenteuer eines wilden Pferdes“ sicherlich auch heute noch vielen Fernsehfans ein Begriff. Waisenjunge Joe verschlägt es auf die Broken Wheel Ranch, wo er natürlich der Einzige ist, der es versteht, den schwarzen Hengst Fury zu reiten und wo jede der insgesamt 114 Folgen mit derselben obligatorischen Frage beginnt: „Na Fury, wie wär’s mit einem kleinen Ausritt?“

 

                          

"Fury's neue Abenteuer", LP

  Fury, Der Überfall auf die Broken Wheel Ranch, Hörspiel-LP

 

Ohne Vater auskommen muss auch Jeff Miller, Besitzer der legendären Colliehündin Lassie, kann aber immerhin noch auf Fernseh-Mutter und -Großvater zurückgreifen.

"Lassie", Brettspiel

 

Als der Jeff-Schauspieler jedoch für seine Rolle zu alt wird, führen die Drehbuchautoren  konsequenterweise mit der Figur des Timmy erneut einen Waisenjungen in die Handlung ein… Darüber hinaus liefen im Kinderprogramm Serien wie „Union Pacific – Abenteuer beim Bau der berühmten Eisenbahnlinie“ oder die „Texas Rangers – Aus der Geschichte einer berühmten Polizeitruppe“. Die damalige Beliebtheit von TV-Sendungen insbesondere mit „tierischen“ Hauptdarstellern  wird belegt durch ein breites Spektrum an zeitgenössischen Merchandising-Produkten wie Brett- und Kartenspielen, View Master Scheiben, Bilderbüchern, Comics und Hörspielen, die auch heute auf Trödelmärkten und bei Internetauktionen noch recht zahlreich und somit in der Regel entsprechend kostengünstig zu finden sind. Des Weiteren sorgen unter anderem etliche Internet-Foren dafür, dass diese Serien nicht in Vergessenheit geraten, wobei einige mittlerweile sogar einen regelrechten Kult-Status erlangt haben. Letzteren verdanken sie im Normalfall aber nicht etwa ihrer herausragenden Qualität, sonder schlicht und einfach dem Umstand, dass das Programmangebot in den Anfangsjahren des deutschen Fernsehens noch auf einen einzigen Sender beschränkt und daher sehr begrenzt war. Folglich wurden viele dieser Sendungen schon allein durch ihre bloße Ausstrahlung zu Ereignissen, über die man sich am nachfolgenden Tag auf dem Schulhof, am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis ausgiebigst austauschte.

 

                                 
     

 

"Neue Engelbert Fernsehbücher", Werbepappe, 44 x 34 cm

 

Nun sitzen Kinder aber damals wie heute erfahrungsgemäß nicht nur dann vor der Röhre, wenn eigens für sie konzipierte Sendungen auf dem Programm stehen. „Kinderfernsehen ist, wenn Kinder fernsehen“, erkannte Gert Müntefering, Chef des WDR-Kinderprogramms und später mitverantwortlich für die Entwicklung der „Sendung mit der Maus“. Und so sind denn auch gegen Ende der 50er die „Werberahmenprogramme“ am Vorabend,

"Sehpferdchens muntere Abenteuer" waren im Sendebereich des NDR zwischen den Werbespots des Vorabendprogramms zu sehen.

 

ein bunter Mix aus Werbespots, Regionalmagazinen sowie Abenteuer- und Krimiserien wie „Funkstreife Isar 12“,

"Funkstreife Isar 12", Hörspiel-LP

 

 „Gestatten, mein Name ist Cox“ oder Mike Nelsons „Abenteuer unter Wasser“

                                    
     

 

"Nur noch fünf Minuten, Mutti" - Titelbild der Zeitschrift HÖR ZU (1965)

insbesondere bei den jungen Zuschauern sehr beliebt. Um auch die Kinder speziell anzusprechen, greift man neben den obligatorischen Puppenspielen nun vermehrt auf kurze amerikanische Animationsfilme zurück. So steht zum Beispiel „Hucky und seine Freunde“ auf dem Sendeplan, eine „lustige US-Zeichentrickserie mit Hucky, dem Hund, den beiden Bären Boo-Boo und Yogi, Mr. Jinks, dem Kater, und den beiden frechen Mäusen Pixie und Dixie.“

 

"Die große Yogi Bär Schau", Hörspiel-LP

 

 Natürlich sind diese von William Hanna und Joseph Barbera entwickelten Figuren, zu denen sich später auch die Familie Feuerstein gesellt, geradezu prädestiniert, gleichfalls im Comicformat ihre Streiche zu treiben und folglich alsbald als „Hucky und seine Freunde“ in den Regalen der Zeitschriftenhändler zu finden. Auch Hase Bugs Bunny und Specht Woody Woodpecker erleben solche Karrieren und tauchen in den entsprechenden Heftchen eingedeutscht als Bags Banny und Widdy Hupf auf.

 

 



 

                   
     

 Ebenfalls im Vorabendprogramm zu sehen: Die amerikanische Serie "Sprung aus den Wolken". Als Merchandising-Artikel wurde oben links zus ehende, 9 Zentimter große Plastik-Fallschirmspringerfigur vertrieben, die per "Schleudergummi" in die Höhe geschossen wurde und an einem Fallschirm mit 30cm Durchmesser langsam wieder herabschwebte. Auf der Packung abgebildet: "Ted McKeever - Jim Buckley -  Stars der Fernsehschau Sprung aus den Wolken".

 


Zu einem wichtigen Fixpunkt am Vorabend wird auch der Auftritt des Sandmännchens, das die Kinder ab 1962 regelmäßig ins Bett schickt und auch schon einige Zeit vorher sporadisch in Probesendungen zu sehen ist. Vielerorts hört man in diesem Zusammenhang von einer Konkurrenz und einem regelrechten Wettlauf mit dem Sendestart des Sandmännchens des Deutschen Fernsehfunks der DDR. Ob entsprechende Berichte jedoch der Realität entsprechen oder Legende sind, lässt sich im Nachhinein wohl nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Sicherlich aber war das Sandmännchen-West durchaus nicht so farblos und dem Ost-Pendant unterlegen, wie es heute im nachhinein oftmals zu lesen ist, sondern hatte neben einer sehr gefälligen Erkennungsmelodie auch durchaus ansprechende Gutenachtgeschichten zu bieten, so zum Beispiel von den Schweinen Piggeldy und Frederick, von Beppo und Pepi, Bulli und Bienchen oder die von der

 

 

Augsburger Puppenkiste produzierte Episoden „Hilde, Teddy, Puppi“ mit der Fernsehansagerin Hilde Nocker.

Doch zurück zur regulären Kinderstunde am Nachmittag: Neben Serien wie Astrid Lindgrens „Kinder aus Bullerbü“ und „Nickis Abenteuer im Spielzeugland“

                                   
     

 

nach einer Vorlage von Enid Blyton finden sich Anfang der 60er Jahre Sendungen in Stil von „Basteln, Musizieren und Tanzen“ mit Irene Koss oder Erika Sauckes „Erzählen, Spielen, Basteln“,in welchen beispielsweise „Clown Nuk eine Clownmaskierung und –verkleidung herstellt“ oder „Apfel und Birne im Mittelpunkt von Erzählungen, Liedern und appetitlichen Basteleien“ stehen.

 

 

Mittwochs moderiert Klaus Havenstein seine Sendung „Sport, Spiel, Spannung“, innerhalb welcher er ein Sportthema vorstellt, das Schülerquiz „Zwei aus einer Klasse“ leitet und abschließend einen zumeist lustigen Kurzfilm wie beispielsweise „Die kleinen Strolche“ zeigt.

Im Puppenspielbereich bietet zu dieser Zeit die neu entwickelte Magnetische Bildaufzeichnung den Beteiligten bislang ungeahnte Möglichkeiten, da sie nun die Aufführungen kostengünstig aufzeichnen und dadurch nachbearbeiten können. Weil Fehler einfach herausgeschnitten werden können, fällt der Druck der Live-Übertragung weg und es bieten sich Gelegenheiten zum Experimentieren. Eine der hieraus entstehenden Entwicklungen ist, dass 1964 in „Kasperle und René“ erstmals ein Mensch und eine Puppe gemeinsam vor der Kamera agieren.

 

 

Der Studioaufbau ist so angeordnet, dass im Hintergrund zwar noch ein Kasperltheater zu sehen ist, sich der Puppenspieler aber hinter einer geschickt ins Studio integrierten Spielleiste verbergen kann. So hat es den Anschein, als führten Kasper und René, letzterer verkörpert vom Schauspieler Peter René Körner, eine lockere und spontane Unterhaltung, an der sich gelegentlich auch noch „die Großmutter“ und „Hund Wuschel“ beteiligen.  Spieltechnisch bereits einen Schritt weiter fortgeschritten ist die NDR-Produktion Stoffel und Wolfgang,

"Stoffel und Wolfgang - Die schönsten Hörspiele für unsere Kleinen aus der bekannten Fernsehserie", LP

 

bei der das Studio auf dem Bildschirm den Eindruck eines normalen Wohnraumes erweckt. Die Rollen sind klar verteilt: Der Mensch in Person von Wolfgang Buresch verkörpert die Welt der Erwachsenen, die Puppe Stoffel ist Stellvertreter der Kinder. Aber, so erläutert der Begleittext einer entsprechenden Hörspiel – LP, „das Verhältnis zwischen Groß und Klein ist bei Wolfgang und Stoffel kein Über- und Unterlegenheits-Verhältnis. Der Große bestimmt zwar und ordnet an, aber auch der Kleine weiß seine Forderungen durchzusetzen. Die Schwächen des Großen, z.B. Neugier und Ungeduld, werden ebenso gezeigt wie die des Kleinen. Dabei ist Wolfgangs Verhalten zugleich ein guter Anschauungsunterricht für Eltern über den Ton im Umgang mit Kindern.“ Kein Wunder also, dass Stoffel und Wolfgang insbesondere von Pädagogen hoch gelobt wird. Später bezeichnet Buresch diese Produktion als „heimliches Kleinkinderprogramm“, da es offizielle Sendungen für die unter sechs jährigen erst wieder ab 1971 geben sollte.

 


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