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Playboy-Kalender

Erstabdruck in der Sammlerzeitschrift "Trödler Kompakt", Heft 10/2006, ©Text / Fotos: Jörg Bohn / VG Wort Wissenschaft

Die 1958 erstmals erschienenen Playmate-Kalender des Playboy-Magazins offenbaren im Schnelldurchlauf sowohl die Entwicklungen in der erotischen Hochglanzfotografie, als auch den damit verbundenen Wandel weiblicher Schönheitsideale über nahezu ein halbes Jahrhundert.

 

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PLAYBOY Playmate Calendar 1958

  PLAYBOY Playmate Calendar 1959   PLAYBOY Playmate Calendar 1960

Als im November 1953 in den USA die erste Ausgabe des Männermagazins Playboy in den Regalen der Zeitschriftenhändler auftaucht, enthält sie weder ein Datum noch eine Kontaktadresse. Herausgeber Hugh Hefner hat Zweifel daran, ob es überhaupt ein zweites Heft geben wird – nicht ahnend, dass diese Veröffentlichung den Beginn einer bis heute andauernden Erfolgsgeschichte bedeutet und fortan seinen weiteren Lebensweg bestimmen wird. Zwar lässt sich der ursprüngliche Plan, als Blickfang für die Startnummer ein 3-D-Aktfoto abzudrucken aus Kostengründen nicht verwirklichen, doch erweist sich die von ihm gewählte Alternative als Weichen stellender Glücksgriff. Von einem Kalenderverlag erwirbt Hefner für fünfhundert Dollar das bislang unveröffentlichte Foto einer sich in lasziver Pose auf einem roten Laken räkelnden attraktiven Blondine. Bei dem gänzlich unbekleideten Fotomodell handelt es sich um keine geringere als Marilyn Monroe, die zu dieser Zeit im Begriff ist, als Schauspielerin die obersten Stufen der Erfolgsleiter zu erklimmen und dem Magazin durch ihre neu gewonnene Popularität einen nicht erwarteten Verkaufserfolg beschert. Besagtes Foto ist mittlerweile Legende, Marilyn ein Mythos und der Playboy gilt bei seinen Anhängern als Synonym für aufwendig in Szene gesetzte anspruchsvolle erotische Hochglanzfotografie.

„Für politische Fragen sind wir nicht zuständig. Es ist nicht unser Anliegen, die Probleme der Welt zu lösen oder tiefe moralische Wahrheiten zu verkünden. Wenn es uns gelingt, dem amerikanischen Mann ein Schmunzeln zu entlocken und ihn ein wenig von seinen Ängsten im Atomzeitalter abzulenken, dann haben wir unsere Existenzberechtigung erlangt“, formuliert Hefner einleitend im ersten Heft und versucht, diesem Anspruch mit Fotos von mehr und vor allem von weniger bekleideten Frauen sowie mit zu Anfang überwiegend in Eigenregie verfassten Textbeiträgen gerecht zu werden. Entgegen seinen einleitenden Worten wird es ihm jedoch nicht gelingen, sich in Zukunft von politischen Belangen fernzuhalten. Zu sehr provoziert er sowohl mit seinem Magazin als auch durch seine unkonventionelle Lebensweise nicht nur in den Fünfziger Jahren sondern noch Jahrzehnte später die überwiegend prüde amerikanische Gerichtsbarkeit.

Die Fifties waren in den USA ein Zeitabschnitt, in welchem niemand offen über Sex redete, geschweige denn zugab, Spaß daran zu haben. Entsprechend war in zeitgenössischen Hollywoodfilmen ein inniger Kuss zwischen „klinisch rein“ daher kommenden Leinwandstars bereits das Höchste der Gefühle, darüber hinaus war Sex unsichtbar. Ehrbare Männer heirateten unberührt in die Ehe gehende Frauen und einige Dinge tat man einfach nicht. Dem entgegen jedoch dokumentierte der US-Forscher Alfred Kinsey in seinen 1948 sowie 1953 erschienenen und als „Kinsey-Report“ bekannt gewordenen Veröffentlichungen über das sexuelle Verhalten des Mannes, bzw. der Frau, dass es sich, wie nicht anders zu erwarten, beim überwiegenden Teil der sich so puritanisch gebenden amerikanischen Bevölkerung um Menschen aus Fleisch und Blut handelte, denen über „das Übliche“ hinausgehende sexuelle Phantasien und Bedürfnisse keineswegs fremd waren. Obwohl auf der Auswertung der Daten vieler Tausend amerikanischer Frauen und Männer basierend und daher bezüglich ihres Wahrheitsgehaltes unangreifbar, lösten Kinseys Publikationen in der Öffentlichkeit einen Sturm der Entrüstung aus. Politiker, Geistliche und Normalbürger wollten nicht wahrhaben, was alle doch im Grunde bereits wussten und offenbarten derart eine in breiten Schichten vorhandene Doppelmoral.

Nicht nur Hugh Hefner selbst sieht eine Verbindung zwischen der Premiere seines Playboys und den Ergebnissen des Kinsey-Reports. „Die sexuelle Revolution hatte ihren Siegeszug begonnen, und wenn Kinsey ihr Wegbereiter war, dann sollte Hefner zu ihrem Herold werden. Nichts würde mehr so sein, wie es einmal war“, heißt es zu diesem Thema, vielleicht etwas zu überschwänglich, aber tendenziell sicherlich richtig, in Gretchen Edgrens „Das Playboy Buch“. Natürlich erschienen schon lange zuvor Bücher und Zeitschriften mit erotischen Darstellungen. Insbesondere die „Pin-Ups“ blicken in den USA auf eine lange Tradition zurück. Um deutlich zu machen, was denn nun dermaßen anders war an den Bildern im Playboy, dass innerhalb kurzer Zeit die Auflagen in Schwindelerregende Höhen stiegen, erweist sich ein kurzer Rückblick auf vorangegangene Entwicklungen als ausgesprochen hilfreich. Recht schwierig ist dabei die Ermittlung des ersten jemals überhaupt entstandenen Pin-Up, laut Lexikon das „Bild eine leicht bekleideten Mädchens zum Anheften“. Im Grunde hätte nämlich bereits Botticellis im 15.Jahrhundert gemalte „Geburt der Venus“ sämtliche erforderlichen Kriterien erfüllt, wenn die Figur der Venus aus dem Gemälde herausgeschnitten und an einer entsprechenden Wand oder der Innentür eines zeitgenössischen Renaissance-Kleiderschrankes angepinnt worden wäre. Auf das Ausschneiden verzichten konnte man ab 1880 dank dem Life-Magazin und seinem „Gibson-Girl“ in Gestalt eines doppelseitiges Bildes in der Heftmitte, welches lediglich durch Heftklammern befestigt war und entnommen werden konnte, ohne Beschädigungen zu verursachen. In der Regel zeigt das klassische gezeichnete Pin-Up Motiv „die Ganzkörperansicht eine wohlproportionierten Frau in eng anliegender, Figurbetonender Kleidung“, die sich häufig mit einer pikanten, meist kleidungstechnisch bedingten Situation konfrontiert sieht, wenn sie nicht von vornherein nur spärlich bedeckt ist. Gemeinsam ist beiden Alternativen, dass sie einen großen Freiraum für Assoziationen des jeweiligen Betrachters offen lassen.

Wirkliche „nackte Tatsachen“ mit realen Frauen gibt es zu dieser Zeit dagegen nur unter der Ladentheke oder aber offiziell in den weit verbreiteten Völkerkunde-Dokumentationen mit Titeln wie beispielsweise „Das Weib im Leben der Völker“, die zu „Studienzwecken“ unbekleidete, in der Regel weibliche Angehörige verschiedenster Nationalitäten ablichten, sowie darüber hinaus in Nudisten-Magazinen. Letztere präsentieren unter dem Deckmantel, einen alternativen Lebensstil zu propagieren, Fotos von natürlich wiederum vorwiegend weiblichen FKK-Anhängern beim Schwimmen, Ballspiel oder Strandspaziergang.

Die ersten Vorläufer heutiger Männermagazine tauchen dann zur Zeit des 1.Weltkriegs auf. Um die Soldaten bei Laune zu halten, werden Zeitschriften zu ihrer Unterhaltung verteilt, in denen neben einfachen Geschichten, deftigen Witzen und Cartoons auch die Fotos damals bekannter Stars und Sternchen oder einfach nur unbekannter Schönheiten im Badeanzug zu bestaunen sind.

Weil in der Folge die Nachfrage nach Pin-Ups permanent ansteigt, die Herstellungskosten für entsprechende Blätter gering sind und die Verdienstspannen der Verlage daher entsprechend hoch, tummelt sich ab den 1920er Jahren eine Vielzahl neuer Titel auf diesem Sektor des amerikanischen Zeitschriftenmarkts. Qualitativ ist die Bandbreite ausgesprochen groß und reicht von billigen Bildheftchen, die die Frauen zum naiven Sex-Objekt degradieren, bis hin zu Magazinen, in denen sich die Pin-Ups im Laufe der Jahre zu einer eigenständigen Kunstform entwickeln und die ihre Bilder in ein ansprechendes redaktionelles Umfeld einbetten. Eine herausragende Stellung unter diesen anspruchsvolleren Publikationen nimmt in den 30er Jahren der Esquire ein, der mit Aufmachung und Inhalt gezielt modebewusste männliche Besserverdiener anspricht. Als besonderer beliebt entpuppt sich die vom Illustrator Georg Petty gestaltete Heftmitte, in welcher das „Petty-Girl“ mit einer Mischung aus Pin-Up und frechem Cartoon eine große Fangemeinde gewinnen kann. Als jedoch nach einem knappen Jahrzehnt erfolgreicher Zusammenarbeit Disharmonien zwischen Künstler und Magazin entstehen, engagiert man bei Esquire mit Alberto Vargas einen Mann, dessen Name mittlerweile zum Synonym schlechthin für Pin-Up- und Glamourkunst geworden ist. Sein „Varga-Girl“ erreicht eine nie zuvor erlebte Popularität und wird 1946 in der Weihnachtsausgabe des Esquire erstmals als dreiseitiges Ausklappposter reproduziert. Von Vargas gestaltete Kalender erreichen Auflagen in Millionenhöhe und seine gemalten erotischen Phantasiefrauen zieren unzählige Innentüren von Kleiderspinden, besonders gefragt sind die zu diesem Zweck mit patriotischen Insignien angereicherten Pin-Ups bei den Soldaten während des 2.Weltkrieges.

Anfang der 50er Jahre schlägt man beim Esquire redaktionell eine andere Richtung ein und lässt den Abdruck der erotischen Zeichnungen langsam ausklingen. So „blieb ein spezifischer Leser-Markt auf seinem Appetit sitzen – es waren Männer mit höherer Schulbildung und höherem Einkommen, die die Leiter des Erfolgs emporklommen und hauptsächlich in städtischen Milieu zu Hause waren. Um diese Zeit startete der Playboy“, beschreibt Mark Gabor jene Entwicklung in seinem Buch „Die Geschichte des Pin-Up“. Playboy-Gründer Hefner hatte zuvor in der Werbeabteilung von Esquire gearbeitet und wollte diesen in seiner ursprünglichen Form reanimieren, was ihm innerhalb kurzer Zeit gelang. Er füllte die Lücke, die der Esquire hinterließ mit einer Mischung aus Pin-Up, gehobener Literatur, anspruchsvollen Reportagen und insbesondere mit „Lifestyle“. Berichtete der Playboy in der ersten Jahren als Beobachter über neue Trends in den Bereichen Autos, Mode und Technik, war er später nicht selten selbst Trendsetter und wurde in vielen Fällen, nicht nur laut Eigenwerbung, zu einem „Handbuch für den Mann“. Ziel war es, „jener erlauchten Gruppe von urbanen Burschen willkommen zu sein, denen weniger daran liegt, zu jagen, zu fischen und auf die Berge zu steigen, als gutes Essen, gutes Trinken, anständige Kleidung und die Freuden der weiblichen Gesellschaft zu genießen“. Den maßgeblichen Kaufimpuls lösen aber ohne Frage die „Mädchen-Fotos“ aus. Durch seine hohen Auflagen war es der Playboy, „der Sex zu einer Ware für den Massenkonsum machte. Hugh Hefner, damals erst 27 Jahre alt, gab der amerikanischen Öffentlichkeit etwas wahrhaft Neues: eine idealisierte Vision des Mittleren Westens vom Mädchen nebenan, das hübsch und freundlich war, Hobbys hatte – und bereit war, das Hemd auszuziehen“ (Eric Schlosser). Hefner präsentiert jeden Monat ein neues Modell auf den Mittelseiten des Heftes, die sich durch das Ausklappen einer dritten Seite nach Vorbild des Esquire auf das Format eines Miniposters vergrößern lassen (Centrefold) und prägt den Begriff „Playmate of the Month“. Das Wort Playmate bleibt mangels wohlklingender Alternative innerhalb des deutschen Wortschatzes übrigens auch in den späteren Ausgaben des deutschen Playboy unübersetzt und wird zum „Playmate des Monats“. Dies stellt sich um so mehr als weise Entscheidung heraus, wenn man versuchsweise den Dolmetscher-Service einer Internet-Suchmaschine zu Rate zieht. Dort wird dann nämlich beispielsweise aus „Playboy-Magazine Playmate Miss March“ gänzlich unerotisch „Schürzenheld –Zeitschrift Spielkamerad Fräulein März“. Umso erotisierender wirken jedoch die Playmates in der Heftmitte auf ihre zeitgenössischen Betrachter, stellen sie doch allesamt weibliche Idealisierungen dar. Dies ist, neben der vorhandenen naturgegebenen Attraktivität der Modelle, vor allem kosmetischer Kunstfertigkeit und fotografischer Retusche zu verdanken, durch deren vereinten Einsatz Hautunreinheiten, Narben, Muttermale und Sommersprossen kaschiert werden. Technisch perfekt in Szene gesetzt wird dies alles von vornehmlich namhaften Fotografen in ausgesuchtem zeittypischen Ambiente und entwickelt sich derart zum charakteristischen Playboy-Stil, der anfangs von der Konkurrenz allein schon aus Kostengründen schwerlich zu kopieren ist. Aufgrund des immensen Erfolgs des Originals erfahren die „Playmates des Monats“ sogar noch eine Zweitverwertung in Form von Playboy-Kalendern, die auf jeweils 12 Blättern, immer begleitet von einem ebenso neckischen wie nichts sagenden vierzeiligen Vers, bis dahin unveröffentlichte Fotos aus vorangegangenen Playmate-Produktionen in sich vereinigen.

Die Modelle der 50er Jahre hatten wenig gemein mit den superschlanken Models unserer Tage und orientierten sich in der Mehrzahl an üppigen und vollbusigen Erotik-Ikonen wie Marilyn Monroe, Jane Russell und Jayne Mansfield. Weich, feminin und bezaubernd sind zu dieser Zeit die in der amerikanischen Werbung am häufigsten gebrauchten Vokabeln und genau diese Attribute beschreiben folglich auch den weiblichen Idealtypus. So perfekt wie nirgendwo anders versteht man es beim Playboy, diese Eigenschaften ins Bild zu setzen und schwimmt damit gegen den Strom. „Es änderte sich auch der Gesichtsausdruck. Fröhliches, unbedarftes Lächeln verschwand zusehends“, beschreibt Barbara Hartl in Das Aktfoto die entsprechenden fotografischen Tendenzen in den Fünfzigern, „die Mädchen wurden immer ernster, ließen schon mal die Zunge über die Lippen gleiten, deuteten mit halbgeöffnetem Mund an, dass es ihnen nicht nur um harmloses Geplänkel ging.“ Nicht so im Playboy: zwar bleibt die unausgesprochene Botschaft die Selbe, doch nach wie vor schenken fast alle Playmates ihrem unsichtbaren Betrachter ein aufforderndes und zugleich „Erfolg verheißendes“ Lächeln. „Hefner mag es natürlich und spontan“, erinnert sich der Bildredakteur Vince Tajiri, „ das Mädchen ist immer irgendwie beschäftigt, und dann schaut sie in die Kamera, es kommt zu einem Blickkontakt“. Trotz ihrer körperlichen Makellosigkeit wirken die Playmates der ersten Jahre nicht unerreichbar, man kann sie sich, zumindest in späteren Jahren, auch als Treusorgende Mütter und vorbildliche Hausfrauen vorstellen. Von den Machern des Playboy wird dieser Eindruck durchaus unterstützt. Handelt es sich anfangs bei den Modellen laut entsprechenden Begleittexten in den Heften ausschließlich um ledige, unternehmungslustige junge Frauen, gesteht man ihnen später auch feste Partner zu oder zeigt sie privat bei der Hausarbeit oder im Spiel mit Kindern.

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich mit der Rekordhalterin in Sachen Veröffentlichungen, Janet Pilgrim, und ihrem insgesamt dreimaligen Erscheinen als Playmate des Monats exakt dieser Typ des „netten Mädchen von nebenan“ einer besonders großen Beliebtheit bei den Lesern erfreuen darf. Durch ihre hauptberufliche Tätigkeit als Playboy-Abonnentenbetreuerin verkörpert die von Hefner zu den Aufnahmen überredete Blondine weniger das klassische Fotomodell, als vielmehr eine „Frau aus dem wirklichen Leben“.

 

PLAYBOY Playmate Calendar 1961           PLAYBOY Playmate Calendar 1962
PLAYBOY Playmate Calendar 1961   PLAYBOY Playmate Calendar 1962

 

     

PLAYBOY Playmate Desk Calendar 1963

     
    PLAYBOY Playmate Desk Calendar 1963    

 

PLAYBOY Playmate Calendar 1964     PLAYBOY Playmate Calendar 1965    

PLAYBOY Playmate Calendar 1966

PLAYBOY Playmate Calendar 1964   PLAYBOY Playmate Calendar 1965   PLAYBOY Playmate Calendar 1966

 

 PLAYBOY Playmate Calendar 1967

    PLAYBOY Playmate Calendar 1968     PLAYBOY Playmate Calendar 1969
 PLAYBOY Playmate Calendar 1967   PLAYBOY Playmate Calendar 1968   PLAYBOY Playmate Calendar 1969

 

Ein frischer Wind weht Anfang der 60er Jahre nicht nur auf politischer Ebene durch die USA, als John F. Kennedy 1961zum Präsidenten gewählt wird und damit die Ära Eisenhower ihr Ende findet. Auch „First Lady“ Jackie Kennedy versteht es, durch ihr selbstbewusstes Auftreten, vereint mit modischer Geschmackssicherheit, Akzente zu setzten und avanciert in der Folge als neue Stilikone zum Idealtyp vieler amerikanischer Frauen und Männer, was augenscheinlich auch Einfluss auf die Auswahl der Playmates in den Playboy-Kalendern ausübt: vermehrt sind zu dieser Zeit dunkelhaarige Modelle mit Jackie Kennedy ähnlichen Frisuren auszumachen. Überhaupt treten die Frauen im weiteren Verlauf des Jahrzehnts selbstbewusster auf und unterwerfen sich immer weniger veralteten gesellschaftlichen Konventionen, so dass vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbare Gewagtheiten wie Bikini und später der Minirock zunehmend zum gewohnten Bild gehören. Nacktheit wird alltäglicher und um dennoch aufzufallen, bedarf es schon bewusster Provokationen wie dem Monokini, einer „Oben-ohne-“ Kreation, mit welcher der Modeschöpfer Rudi Gernreich 1964 großes Aufsehen erregt. Im Zuge der neuen Freiheiten erwächst dem Playboy Mitte der 60er Jahre neue Konkurrenz in Form qualitativ durchaus ansprechender Magazine wie beispielsweise dem französischen Lui und dem englischen Penthouse, das sich später sogar in die Höhle des Löwen wagt und in einer eigenständigen US-Ausgabe erscheint. Genannte Zeitschriften legen ebenfalls Wert auf anspruchsvolle Textbeiträge, zeigen sich im Bezug auf erotische Fotos jedoch wesentlich freizügiger als der Playboy. Zunächst reagiert man dort jedoch noch nicht auf diese Herausforderung und bleibt seinem inzwischen vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäßen, den Stammlesern jedoch über die Jahre vertraut gewordenen Fotostil treu. Einem Stil, der im Vergleich mit den neuen Mitbewerbern und auch mit seinerzeit weit verbreiteten, nichts mehr verbergenden und vorwiegend aus Schweden stammenden Heftchen mittlerweile fast schon als konservativ zu bezeichnen ist. In einer Zeit, in der moralische Tabus gebrochen werden, die USA innenpolitisch durch den Vietnamkrieg gespalten sind und selbst das Playboy-Magazin in seinen Beiträgen engagierte Stellungnahme gegen diesen Krieg betreibt, bleiben die Kalender das Refugium einer heilen (Männer-) Welt, in welcher lieb lächelnde, leicht oder gar nicht bekleidete Schönheiten (oder feministisch formuliert: „von Sexliebhabern manipulierte Idealisierungen“) darauf warten, dass die unbekannten Betrachter ihnen Gesellschaft beim Schwimmen, Telefonieren, Musizieren oder insbesondere beim Schachspielen leisten. Kurioserweise finden nämlich neben Telefonen ausgerechnet Gitarren und Schachspiele am häufigsten als Requisiten der Playmate-Fotografen Verwendung.

 

    PLAYBOY Playmate Calendar 1971
PLAYBOY Playmate Calendar 1970   PLAYBOY Playmate Calendar 1971

 

    PLAYBOY Playmate Calendar 1973     PLAYBOY Playmate Calendar 1975
PLAYBOY Playmate Calendar 1972   PLAYBOY Playmate Calendar 1973   PLAYBOY Playmate Calendar 1975

 

Zu Beginn der 70er Jahre entbrennt zwischen den verschiedenen Magazinen der so genannte „Schamhaarkrieg“. Längst zeigen einige Zeitschriften recht unverhüllt, was im Playboy noch durch Accessoires, Badeschaum oder „zufällig“ im Bild befindliche Treppenpfosten verdeckt wird. Doch Hefner hält sich zurück, weil er sich dem klassischen Pin-Up verpflichtet fühlt. „Das Playmate des Monats war zu einer amerikanischen Ikone geworden, und Hefner hatte nicht die Absicht, diese Ikone ins Obszöne abdriften zu lassen. ‚Keine Nachahmung der Nachahmer’: Mit diesen Worten erklärte Hefner die Schlacht für beendet“ (Das Playboy Buch). Geht die Rechnung des Verlegers anfangs in Form beständig hoher Auflagen noch auf, scheint er sich Mitte der 70er Jahre offensichtlich der Erwartungshaltung seiner Kunden beugen zu müssen. Zwar sind die Playmate-Fotos nach wie vor von hoher produktionstechnischer Qualität, doch leider kommt den Playboy-Kalendern durch eine sich stetig steigernde Eindeutigkeit der unschuldige Charme der ersten beiden Dekaden mehr und mehr abhanden. In diesem Zusammenhang sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um ein rein subjektives Urteil handelt und für viele die Playboy-Kalender-Zeitrechnung und damit Sammelwürdigkeit erst dort beginnt mag, wo sie für andere bereits aufhört. So rechtfertigen womöglich allein schon die für die 80er Jahre so typischen voluminösen, Löwenmähnen gleichen Fön-Frisuren der Playmates die Anschaffung der entsprechenden Bildersammlungen.

 

       
PLAYBOY Playmate Calendar 1983   PLAYBOY Playmate Calendar 1984   PLAYBOY Playmate Calendar 1985

 


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