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Fernsehen für Kinder in den 1960er Jahren

Sein bis heute populärstes Projekt dürfte jedoch ohne Zweifel die WDR-Reihe Schlager für Schlappohren sein, in der mit dem Hasen Cäsar die Puppe sogar als Moderator der Sendung fungiert.

 

"Der Ferseh-Hase Cäsar" - "Schlager für Schlappohren", LP

 

Unterstützt durch den Schauspieler Arno Görke in seiner Rolle als Tonmeister stellt das Stofftier den Kindern mit einem markanten „Bitteschöööön“ neue Schallplattenaufnahmen vor, wobei ein großes Mischpult den Puppenspieler Buresch hinter sich verbirgt. Dessen Hand steckt im Kopf der „Klappmaulpuppe“ und ermöglicht so ein präzises Auf- und Zuklappen des Hasenmundes, was Cäsars zahlreichen „Gesangseinlagen“ zu Gute kommt. Die Verantwortlichen der Plattenindustrie sind jedoch nicht uneingeschränkt begeistert von den teilweise recht schnoddrigen Kommentaren und der Verballhornung ihrer Neuerscheinungen. Nichtsdestotrotz bekommt der Hasen-DJ in seiner Sendung regelmäßig „Besuch von Stars der Musikszene wie Bill Ramsey, Manuela und Wencke Möhre“.  Konsequenterweise vermarktet man die Popularität der Sendung auch durch eine eigene LP, die der Puppen-Star selbst kommentieren darf: „Jetzt bin ich nicht nur der mutige und kluge und starke, sondern auch noch der singende Hase Cäsar."

 


Subtilerer Natur waren dagegen die Puppenspiel-Produktionen des SDR, für die zumeist Albrecht Roser verantwortlich zeichnete, der 1958 auf dem Bukarester Festival zum weltbesten Marionettenspieler gekürt wurde. Wird sein „Telemekel und Teleminchen“ noch als Familienprogramm im Rahmen der Kinderstunde gezeigt, testet er z.B. mit Aufführungen wie seiner „Katzenmusik“, „einem Mitternachtsprogramm in schwarzweißer Ästhetik, cool, graphisch, stilisiert“ die Grenzen des zu dieser Zeit auf dem Bildschirm machbaren aus. Eher frech und pragmatisch kommt dagegen der Spatz vom Wallrafplatz daher.

 

                            
     

 

Auf einer Platane vor dem WDR – Funkhaus sitzend betrachtet er das Kommen und Gehen der Menschen, kommentiert deren Tun und erlebt bei seinen Ausflügen durch die Kölner Innenstadt die kleinen Sensationen des Alltags.

Aber auch Kinderserien mit Hauptdarstellern aus Fleisch und Blut werden Mitte der 60er gezeigt, so zum Beispiel „Till, der nette Junge von nebenan“ oder „Villervalle“, das über die Erlebnisse einer schwedischen Familie in der Südsee berichtet. Das wiederum aus Amerika kommende „Vilma und King“ erzählt die Geschichte des Mädchen Vilma, das mit seinem Pferd an einem berühmten Hindernisrennen teilnehmen möchte.

Mit „Clown Ferdinand und die Rakete“ ist erstmals auch ein Film aus tschechischer Produktion auf den Bildschirmen zu sehen. Hier nehmen Kinder „ihr Leben in problematischen und verrückten Situationen selbst in die Hand. Wenn man so will, war dieser Film die Geburtsstunde eines, im positiven Sinne, anarchistischen (d.h. nicht von Erwachsenen beherrschten) Programms für Kinder“ (D. Saldecki). Regisseur Ota Hofman und Autor Jindrich Polák entwickeln später auch die Serie Pan Tau, deren Anzugtragender und stets freundlich lächelnder Hauptdarsteller Otto Simanek zu zaubern vermag, wenn er in einem bestimmten Rhythmus mit den Fingern auf seine Kopfbedeckung klopft.

Als im Jahr 1963 das ZDF seinen Sendebetrieb aufnimmt, will man sich dort vor allem mit Unterhaltungsprogrammen von der bereits etablierten ARD abheben, spezielle Sendungen für Kinder sind in der Anfangszeit nur spärlich zu finden. Dieser Zustand verbessert sich erst vier Jahre später mit der Gründung der Redaktion „Kinder und Jugend“, die getreu der Unterhaltungsvorgabe hauptsächlich ausländische Serien einkauft. Neben bereits in der ARD gesendeten Lassie – Wiederholungen lässt das ZDF aber auch erstmals „den klugen Delphin“ Flipper aus dem Meerwasser empor schnellen und die„Nase“ in die Breitseite von gefährlichen Haien rammen, um seine menschlichen Freunde Bud und Sandy vor drohendem Übel zu bewahren. Im aus Frankreich stammenden Zauberkarussell, einer weiteren bis heute in Erinnerung gebliebene ZDF-Serie, agieren hingegen solch obskure Trickfiguren wie das schnurrbärtige, auf einer Spiralfeder ungestüm umherhüpfende Zebulon, der Würfelzucker liebende Hund Pollux, Hase Castor, die in der Synchronfassung mit sächsischem Zungenschlag sprechenden Schecke Hugo, Kuh Wilma sowie das Mädchen Margot.

 

                             
     

 

Aber auch kindgerecht aufbereitete Wissenschaft mit Professor Heinz Haber, der in der Sendung „der blaue Planet“ seinem jugendlichen Publikum die Geheimnisse des Universums näher zu bringen versucht, findet einen Sendeplatz und dokumentiert die verstärkten ZDF – Bemühungen um ein gehaltvolles Programmangebot für Kinder.

Zu Beginn der 70er wird dann vieles anders. Der Ankauf der Sesamstrasse, 1971 zunächst in der unsynchronisierten Originalfassung und zwei Jahre später in einer deutschen Bearbeitung in den Dritten Programmen zu sehen, führt zu kontroversen Diskussionen.

  

                                   

"Sesamstrasse", LP

   

 

Während vor allem die Anhänger der „68er Bewegung“ darauf drängen, die Kinder zu mehr selbstständigem Denken und Handeln zu erziehen, möchten konservative Gemüter die Bewahrpädagogik der Vergangenheit fortgeführt sehen. Doch die Entwicklungen lassen sich nicht mehr aufhalten und immer mehr Produktionen neuen Stils bringen frischen Wind in die angestaubte Kinderfernsehlandschaft. So schickt der Bayerischen Rundfunk „Das feuerrote Spielmobil“, einen mit Kameras ausgerüsteten Opel Blitz Kleinbus „durch Stadt und Land und sammelt Bilder ein“, die die ganze Bandbreite menschlichen Miteinanders aufzeigen. Der tollpatschige Phillip Sonntag bereichert das Ganze mit Slapstick – Einlagen und Zeichentrickhund Wumi bereitet am Ende der Sendung das jeweilige zentrale Thema auf lustige Weise noch einmal auf. Das feuerrote Spielmobil ist übrigens nicht identisch mit dem knallroten Autobus. In diesem lebten nämlich, entworfen von Kinderbuchautor Janosch, der Hase Klicker, der erfinderische Bastler Klamotte sowie die Schildkröte Elvira Klawitter, aus deren Namen sich auch der Titel der Sendung „Kli-Kla-Klawitter“ zusammensetzte.

 

                         

Kli-Kla-Klawitter, Hörspiel-LP

 

Kli-Kla-Klawitter. "Vorsicht Blumen", Pestalozzi-Verlag, Massefiguren der Firma Schleich

 

 Die drei Marionetten bildeten den Rahmen für diverse Einspielfilme, in denen zum Beispiel die„Wilden Kerle“ aus Knetmasse „Beispiele für soziales Verhalten“ zeigten. Die von Professor Kunkel mit einer Lupe im Park entdeckten winzigen Kunkels spielten zwischenmenschliche Konflikte in der Familie nach und Teddy und Fredy waren für das antiautoritäre Moment verantwortlich. Bereits 1971 starteten auch die „Lach- und Sachgeschichten“, aus denen ein Jahr später die „Sendung mit der Maus“ wurde. Der innerhalb „der Maus“ in kurzen Episoden auftauchende Maulwurf war sogar schon drei Jahre zuvor in dem tschechischen Zeichentrickfilm "Der Maulwurf und die Rakete" zu sehen.

 

 

Ist der Jahrzehntelange Erfolg der „Sendung mit der Maus“

 

 

 

 vielleicht damit zu erklären, dass ihr ein gänzlich eigenständiges Konzept zugrunde liegt, kann die „Rappelkiste“ ihre konzeptionelle Nähe zum offensichtlichen Vorbild Sesamstrasse nicht verleugnen.

 

 

 

Die Figuren Ratz und Rübe erinnern eher mehr als weniger an die Sesamstrassen-Bewohner Ernie und Bert.

Die wiederum von Wolfgang Buresch  entwickelten

 

 

 

Maxifant und Minifant hingegen gucken Fernsehen im Fernsehen. Angeschaute Real- oder Zeichentrickgeschichten werden aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und anschließend von den Puppen kommentiert. Anfänglich als zu betulich und langatmig regelrecht verrissen, kommt die Sendung durch permanente Verbesserungen doch noch in die Gänge und erntet letztlich viel Lob bei Eltern, Kindern und Kritikern.

Nicht vorrangig um die Vermittlung pädagogischer Inhalte, sondern hauptsächlich um die Anmoderation von Einspielfilmen ging es bei Plumpaquatsch.

 

                            
   

"Plumpaquatsch und Susanne", "Kinderhörspiel", LP

 

Die Sendung erfreute sich beim Publikum großer Beliebtheit, was sicherlich nicht zuletzt an der sympathischen Schauspielerin Susanne Beck lag, die Ansprechpartnerin des kleinen grünen Wassermanns mit den dicken roten Lippen war.

Quasi Nachfolger von Plumpaquatsch wurde Mäusegreis Emm wie Meikel,

 

                        
   

"Emm wie Meikel", LP

 

der noch in den ersten Folgen dieser Serie mit runden statt spitzen Ohren und anderer Nase, ansonsten aber nahezu unverändert, einen Katzengreis verkörperte und ebenfalls auf die Unterstützung einer Co-Moderatorin in Person der populären Fernsehansagerin Hanni Vanhaiden vertrauen durfte.

Um die bis dahin aufwendigste und kostspieligste Puppenfilmproduktion im deutschen Fernsehen handelte es sich bei Robbi, Tobbi und das Fliwatüüt, für dessen Fertigstellung unter der Regie von Sendung-mit-der-Maus-Miterfinder Armin Maiwald mehr als 220 Drehtage benötigt wurden und das mit innovativen Techniken wie dem Bluebox – Verfahren aufwarten konnte, welches eine Verbindung von Trick- mit Realszenen ermöglichte.

Auch bei den Zeichentrickfilmen schieden sich Anfang der 70er Jahre die Geister. Als das bei den Kindern ausgesprochen beliebte Schweinchen Dick 1973 wegen zu brutaler Szenen aus dem Fernsehen verbannt werden sollte, wurde im begleitenden Comicheft zu einer Protestaktion aufgerufen: „Humorlose Erwachsene versuchen euren Fernseh-Spaß kaputtzumachen! Schweinchen Dick, Bunny, der Hase, Daffy Duck, Tweety und Sylvester, Speedy Gonzales sollen nicht mehr am Montagabend im ZDF ihre Späße treiben!“

                      

"Schweinchen Dick und seine Freunde", LP

   

 

                      

"Paulchen der rosarote Panther und der Ameisenbär", LP

 

"Inge Meysel präsentiert: unsere Fernseh-Lieblinge", LP

 

Des Weiteren war ein an den damaligen Intendanten gerichtetes Protestschreiben vorgedruckt: „Lieber Herr Professor Holzamer, Schweinchen Dick darf nicht sterben. Die Schau ist eine echte Sendung für uns junge Fernsehzuschauer und einfach Klasse!“ Alles Bitten half jedoch nichts, stattdessen musste man in der Folge in der „Trickfilmzeit mit Adelheid“

 

 

ein zwar gewaltfreies, aber dafür ungemein nervendes Trick-Känguru über sich ergehen lassen. Wesentlich unterhaltsamer war dagegen Paulchen Panther, der im Rahmen von „Der rosarote Pather“ Trickverwandte wie einen trotteligen Inspektor samt Assistent Dudu oder den depressiven Ameisenbär Elise vorstellte. Allseits beliebt war auch die aus Frankreich importierte Familie Barbapapa,

 

"Barbapapa - Die pfiffigsten Lieder der neuen Fernseh-Kobolde", LP

 

 deren Name sich vom französischen Begriff für Zuckerwatte ableitet und die bezüglich ihres Aussehens durchaus in die Ahnengalerie der Teletubbies eingereiht werden könnte. Im Jahr 1974 startete mit „Wickie und die starken Männer“ die erste in japanischen Studios entstandene Trickfilmserie, der mit „Biene Maja“,  „Heidi“, „Pinoccio“ und „Sindbad, der Seefahrer“ noch etliche weitere folgen sollten und die trotz Kritikerschelte bei den Kindern so beliebt waren, dass sie auch heute noch regelmäßig in Wiederholungen auf den Bildschirmen zu sehen sind.

 

"Fernseh Kinderstunde - Ein neuartiges Lottospiel mit modernen Bildern aus dem Traumland unserer Kinder"

 

Aus Jugoslawien hingegen kam „Professor Balthazar“, der in den Vorabendprogrammen der ARD seinen Platz fand. Für jedes technische Problem entwickelte der findige Professor eine Lösung und eine Stimme aus dem Off begleitete diesen Denkprozess jedes Mal mit denselben Worten: „Er überlegte…und überlegte…und überlegte…und dann hatte er eine Idee!“.

Professor Balthazar, Single, vogue Schallplatten, 1975

 


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